Nachgefragt bei Mag.a Susanne Sametinger


Gendergerechte Sprache wird immer mehr Teil der Sprachkultur. Für Gemeinden ist es eine besondere Herausforderung, alle Menschen anzusprechen. Wie können Texte verfasst werden, damit sie gendergerecht und trotzdem noch lesbar sind und welche Form des Genderns wird dafür am besten verwendet? Diese Fragen haben wir der PR-Expertin Mag.a Susanne Sametinger gestellt.


Susanne – Gendern ist in einigen Bereichen bereits selbstverständlich, teils verpflichtend, und es wird sich weiter etablieren. Trotzdem gibt es immer noch kritische Stimmen. Was entgegnest Du diesen, warum braucht es das Gendern?


Weil ich mich nur dann angesprochen fühle, wenn ich auch angesprochen werde! Wer einen Text schreibt, muss sich überlegen, welche Zielgruppe erreicht werden soll und wie der Text formuliert werden kann, um diese auch wirklich zu erreichen. Dazu gehört auch, dass ich Frauen als Frauen und Männer als Männer anspreche und auch die, die sich irgendwo dazwischen fühlen, erreiche. Für die jüngere Generation ist das mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, die fordert das auch ein. Meine Töchter sind jetzt um die zwanzig, für die ist es befremdlich, wenn sie als Frauen in einem Text nur „mitgemeint“ sind. Ich finde es wichtig, gendersensibel zu schreiben und zu sprechen, Stereotype aufzubrechen, aufzurütteln und auch zu überraschen. Ich kann zum Beispiel die tradierten Rollen mal vertauschen: Statt „der Chef und die Sekretärin“, ohne jemanden bestimmten zu meinen, „die Chefin und der Sekretär“ schreiben. Wir sollten beim Schreiben immer hinterfragen, welche Bilder und Vorstellungen wir erzeugen und erzeugen wollen.


Gemeinden sind an Vorgaben zur geschlechtergerechten Sprache gebunden. Welche Tipps hast du, damit Texte trotzdem noch gut leserlich bleiben?


Gemeinden haben eine große Zielgruppe mit den verschiedensten Menschen, das ist natürlich nochmal eine Herausforderung. Ich arbeite zum Beispiel auch mit Menschen zusammen, die eine Leseschwäche haben. Denen fällt das Lesen der gegenderten Form mit Binnen I oder mit Stern wirklich schwer. Hier ist es besser, Umschreibungen zu finden. Der Text wird dadurch auch lebendiger. Das ist aber nicht immer möglich. Wenn gegendert werden muss, empfehle ich die Verwendung des Gendersternchens, also z.B. Bürger*innen, weil ich damit wirklich alle Geschlechter und nicht nur Männer und Frauen anspreche. Auch hier kann ich Vereinfachungen finden, die die Lesbarkeit verbessern. Wenn ich statt der Einzahl die Mehrzahl verwende, fällt zumindest schon mal die Unterscheidung beim Artikel weg, statt „der*die Bürger*in“ habe ich zumindest nur noch „die Bürger*innen“. Oft gibt es einen anderen Begriff. Bekanntes Beispiel ist da etwa „Lehrende“ statt „Lehrer*innen“ oder statt „jede*r“ einfach „alle“. Es gibt Texte, zum Beispiel amtliche Schreiben, da kann ich durchgendern. Das ist nicht besonders schön, muss es hier aber auch nicht sein. Bei anderen Texten würde ich das nicht bis zur letzten Konsequenz machen, sondern mich bemühen, andere Lösungen zu finden. Wichtig ist, dass ich darauf achte, die Menschen, für die ich den Text verfasse, mit meiner Ausdrucksweise anzusprechen.


Eine Möglichkeit ist, auf neutrale Begriffe auszuweichen, etwa „Leitung“ statt „Leiter*in“. Die Verwendung von „man“ gilt beim Gendern aber als absolutes No-Go. Wie siehst Du das?


Wer ist „man“? Ich bemühe mich, es zu vermeiden, weil sich damit niemand wirklich angesprochen fühlt. Ich kann stattdessen „ich“ schreiben, oft passt „wir“, oder ich spreche die Menschen direkt mit „du“ oder „Sie“ an.

Die Sprache verändert sich ständig, das schließt auch die gendergerechte Ausdrucksweise mit ein: In manchen Nachrichtensendungen hat es sich schon durchgesetzt, statt „Ärztinnen und Ärzte“ „Ärzt*innen“ zu sagen, mit einer Pause vor dem „innen“, und es funktioniert und wird akzeptiert. Es tut sich hier sehr viel! Ich empfehle die Website: www.genderleicht.de. Dort findet sich Aktuelles rund um das Gendern, es gibt hilfreiche Tipps, und es werden auch konkrete Fälle aufgegriffen. Ich schaue selbst hier immer mal wieder gerne nach.


Vielen Dank für das Interview!


Mag.a Susanne Sametinger ist ausgebildete Journalistin, Fachtrainerin, Coach und Inhaberin einer PR-Agentur in Linz.

www.communication-s.at

Foto ©Ludwig Pullirsch